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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Atomwaffen geächtet - was nun?

04. Mrz 2018

Die diesjährige pax christi Diözesanversammlung fand am 3. März 2018 in den Räumen der ev. Kirchengemeinde St. Johnennes in Gilching unter der Überschrift "Atomwaffen geächtet - was nun?" statt.

Knapp 40 Mitglieder des pax christi-Diözesanverbands München und Freising waren der Einladung zur Diözesanversammlung in den Räumlichkeiten der evangelischen Pfarrei St. Johannes in Gilching am Samstag, 3. März, gefolgt. Den Auftakt der jährlichen Zusammenkunft bildete der Vortrag von Dr. Ingeborg Oster von der IPPNW-Regionalgruppe München zum Thema: „Atomwaffen geächtet – was nun?“ Ingeborg Oster ist Allgemeinärztin und seit 1984 bei IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges). Mehrere Tausend Mediziner und Medizinerinnen setzen sich bei IPPNW in über 60 Ländern weltweit für eine friedliche, atomtechnologiefreie und menschenwürdige Welt ein. IPPNW wurde 1980 von je drei US-amerikanischen und drei sowjetischen Kardiologen gegründet. Für ihr Engagement erhielt die ärztliche Friedensorganisation 1985 den Friedensnobelpreis. Ingeborg Oster berichtete, dass anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises „die rechtskonservativen Kräfte schäumten. Die damalige Regierung Kohl war empört, dass eine ‚moskau-gesteuerte‘ Organisation geehrte wurde. Heiner Geißler ereiferte sich damals, dass IPPNW-Ärzte und ihre Preisverleiher Weltverschwörer gegen das christliche Abendland seien. Seiner Meinung nach hätten den nächsten Friedensnobelpreis Bundeswehr und NATO erhalten müssen.“ Oster bedauerte, dass die meisten Politiker noch immer an die nukleare Abschreckungspolitik glauben. Zwar sei die Anzahl der Atomwaffen in den Arsenalen weltweit gesunken, jedoch steige das Risiko ihres Einsatzes, ob versehentlich oder absichtlich. Die atomare Rüstungsspirale werde derzeit wieder hochgedreht.

Sie erinnerte daran, dass der Atomwaffensperrvertrag bereits 1970 in Kraft getreten ist, der schon die Verpflichtung enthält, alle Atomwaffen durch einen Ächtungsvertrag abzurüsten. Die Überprüfungskonferenzen brachten aber in dieser Hinsicht keinerlei Fortschritt. Als Reaktion darauf haben Ärzte der IPPNW vor zehn Jahren die Kampagne ICAN (Internationale Kampagne für die Abschaffung aller Atomwaffen) gestartet, die von fast 500 Organisationen in 101 Ländern getragen wird. 2013 fanden in Oslo, 2014 in Mexiko und Wien Staatenkonferenzen zu den humanitären Folgen von Nuklearwaffen statt. Die österreichische Regierung initiierte daraufhin zusammen mit fünf weiteren Staaten in der UNO Verhandlungen zur Ächtung von Atomwaffen. ICAN ist Koordinatorin der Zivilgesellschaft bei diesen Verhandlungen. Die Atomwaffenstaaten boykottierten zusammen mit den NATO-Staaten und anderen US-Allierten diesen Ächtungsprozess. Trotzdem konnte 2017 eine UN-Konferenz zur Verhandlung eines Atomwaffenverbots einberufen werden. Im Juli 2017 stimmten 122 Staaten für einen Atomwaffenverbotsvertrag; 39 stimmten dagegen, darunter auch Deutschland; 16 enthielten sich. Seit 20. September liegt der Vertrag zur Unterschrift aus. 56 Staaten haben ihn bereits unterschrieben. ICAN erhielt am 10. Dezember 2017 den Friedensnobelpreis für die bahnbrechende Arbeit, die internationale Aufmerksamkeit auf die katastrophalen humanitären Folgen von Atomwaffen zu lenken und ein vertragliches Verbot zu erwirken, so Oster. Sie ist überzeugt, dass eine Ächtung ein effektiver Schritt zur Abschaffung einer Waffengattung sein kann, so wie es sich bei der völkerrechtlichen Ächtung von Streubomben gezeigt habe. IPPNW fordert von der neuen Bundesregierung: Deutschland muss dem Atomwaffenverbot beitreten, die US-Atomwaffen müssen aus Büchel abgezogen werden und Bundeswehrpilot*innen dürfen keinen Atomwaffeneinsatz trainieren.

Im Anschluss an den Vortrag von Ingeborg Oster berichtete Martin Pilgram, der Vorsitzende von pax christi München und Freising, über das Engagement deutscher Firmen, vor allem Finanzinstitute, im Atomwaffengeschäft. Er wies darauf hin, dass im Atomwaffensperrvertrag nicht explizit verboten wird, dass deutsche – öffentliche wie private – Finanzinstitute Dienstleistungen für Atomwaffenhersteller anbieten. Deutsche Kreditinstitute finanzieren die Herstellung von Atomwaffen mit Milliardenbeträgen. Zehn deutsche Finanzdienstleister haben den Atomwaffen-Produzenten seit Januar 2014 insgesamt rund 10,37 Milliarden US-Dollar (8,41 Milliarden Euro) zur Verfügung gestellt (die betroffenen Unternehmen produzieren Atombomben, Atomsprengköpfe sowie Atomraketen und sind mit der Wartung dieser Systeme beauftragt, darunter auch europäische Unternehmen wie BAE Systems und Airbus Group). Spitzenreiter ist die Deutsche Bank mit 6,620 Mrd. Dollar, gefolgt von der Commerzbank mit 1,264 Mrd. Dollar und der Allianz mit 1,036 Mrd. Dollar. Auch die Volks- und Raiffeisenbank sind über die DZ-Bank[1] mit immerhin 470 Mio. US-Dollar an der Finanzierung von Atomwaffensystemen beteiligt. Das ist das Ergebnis der internationalen Studie „Don’t bank on the Bomb“, die von ICAN und der niederländischen Friedensorganisation PAX (ein Zusammenschluss des kirchlichen Friedensrats und pax christi Niederlande) erstmals für 2012 veröffentlicht wurde. Die Studie wird jährlich aktualisiert[2].

Zum Schluss nannte er noch einige positive Trends: So trennte sich nach öffentlichem Druck der niederländische Rentenfonds ABP von seinen restlichen Beständen im Wert von ca. 3,3 Mrd. Euro an Tabakaktien und Unternehmen, die ihr Geld mit Atomwaffen verdienen. Ebenso beendete der norwegische Regierungsfonds, wie auch 30 weitere Unternehmen, ihre Investitionen in diese Waffen. Schließlich hat auch die norwegische Nobelpreis-Stiftung angekündigt, dass die Beteiligungen der Stiftung an Atomwaffenherstellern innerhalb von 12 Monaten veräußert werden sollen. Die Menschenrechtsorganisation Facing Finance hatte im Oktober 2017 offengelegt, dass die Nobelpreis-Stiftung u.a. in europäische und US-amerikanische Rüstungsfirmen investiert. Martin Pilgram lud zum Aktionstag am Fliegerhorst Büchel am 7. Juli 2018 ein, der von Christ*innen mehrerer evangelischer Landeskirchen organisiert und ökumenisch gestaltet wird. Voraussichtlich wird ein Bus von München aus nach Büchel fahren.

Welche Möglichkeiten bieten sich auch in Deutschland für das Atomwaffenverbot zu kämpfen? Einige Antworten zeigte die anschließende Diskussion auf. Wir müssen weiter auf die in der Eifel gelagerten Atombomben mit Protesten aufmerksam machen. Wir können unsere Bundestagsabgeordneten auffordern, sich für die Ratifizierung des Atomwaffenverbotsvertrags in Deutschland einzusetzen und eine der zahlreichen Petitionen, wie „Unterzeichnen Sie das UN-Atomwaffenverbot!“, die an die neue Bundesregierung gerichtet ist, oder die Aktionspostkarte an die Bundeskanzlerin „Atomwaffenverbot: Setzen Sie ein Zeichen, Frau Merkel!“ bzw. für die Beendigung der Atomwaffen-Stationierung in Deutschland. Wir können unsere Bürgermeister dazu aufzufordern, sich der Gruppe der „Mayors for Peace“ anzuschließen, die sich auch für ein Verbot stark machen. In vielen Städten, so auch in Gilching, ist uns das ja schon gelungen. Und schließlich können wir bei unserer Bank nachfragen, warum sie immer noch in Firmen investiert, die völkerrechtswidrige Waffen herstellen.

Im zweiten Teil der Diözesanversammlung berichtete der Diözesanvorstand über die Aktivitäten des vergangenen Jahres und gab einen Ausblick auf Initiativen für das Jahr 2018. Martin Pilgram berichtete, dass nachdem im Vorjahr der Schwerpunkt „Friedensbildung“ für die Jahre 2017/18 durch die Diözesanversammlung gewählt wurde, die Arbeitsgruppe sich bereits zu drei Sitzungen getroffen, vorhandenes Material gesichtet und den katholischen Schulen im Erzbistum einen Fragenbogen übersandt hat. Im Zusammenhang mit dem am 14.12.2017 gefassten Beschluss des Münchner Stadtrats „Gegen jeden Antisemitismus! – Keine Zusammenarbeit mit der antisemitischen BDS-Bewegung“ hat der Diözesanverband vorab den Fraktionen im Münchner Stadtrat geschrieben und gegen den Beschluss protestiert, ebenso in einem auf der Website veröffentlichten Positionspapier. Für 2018 sind außerdem eine Wallfahrt (voraussichtlich am 23.6.) auf einer Route des Todesmarsches zum KZ Dachau geplant, die Teilnahme am Bennofest (16./17.6.) unter dem Motto: „Bürger und Heilige im Widerstand“, das Begegnungswochenende im Armstorf (5./6.10.), sowie Gedenken an 70 Jahre pax christi Deutschland (8.5., St. Bonifaz) und an das Ende des Ersten Weltkriegs (Events in Arras/Frankreich, München und Planegg), sowie eine Ausstellung zum Thema „Kindersoldaten“ (Dez.). Die Einladungen an die Pfarreien im Erzbistum München & Freising zu Gebet und Aktion an friedenspolitisch wichtigen Ereignissen wie Hiroshima-Gedenken, Weltfriedenstag werden fortgesetzt.

Ein großes Dankeschön des Diözesanvorstands galt vor allem der pax christi-Gruppe Gilching, die für den Rahmen und die Verpflegung gesorgt hatte und der Pfarrei St. Johannes, die die Räumlichkeiten zur Verfügung stellte.

Bericht: Marion Wittine

[1] Die DZ-Bank unterstützt die Atomwaffenproduktion seit Sommer 2017 durch die Aufnahme der Rüstungsfirma Northrop Grumman in den Fonds "Uni Global", der sich an Privatanleger zum Beispiel für die Riester-Rente richtet. Die Firma produziert nicht nur Atomraketen für das US-Arsenal und ist am britischen Atomwaffenprogramm beteiligt, sondern stellt auch das unbemannte Kampfflugzeug X-47B her, das die USA zur Zeit testet. Die Großkampfdrohne gilt als Einstieg in die Technik vollautomatisierter Waffen, deren Ächtung Menschenrechtsorganisationen fordern.

[2] Am 7. März 2018 erschien das Update des Reports „Don’t bank on the bomb“. Übersicht über die deutschen Investitionen in Atomwaffentechnologie seit Januar 2014:
1. Deutsche Bank: 6,620 Mrd. Dollar
2. Commerzbank: 1,264 Mrd. Dollar
3. Allianz: 1,036 Mrd. Dollar
4. DZ Bank: 470 Mio. Dollar
5. BayernLB: 454 Mio. Dollar
6. Munich Re: 148 Mio. Dollar
7. Siemens: 134 Mio. Dollar
8. Helaba: 111 Mio. Dollar
9. Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW): 66 Mio. Dollar
10. Landesbank Baden-Württemberg (LBBW): 66 Mio. Dollar. Weitere Infos unter
www.atombombengeschaeft.de